Nordirak II: Dohuk-Arbil - 1.-4. November 2013

Deutsch

Die dreitägige Etappe von Dohuk nach Arbil führte mich, wie schon in den letzten Wochen, durch ländliche und halbwüstenartige Gegenden. Die Menschen leben auch hier in überschaubaren Gemeinden und in eher traditionellen Gesellschaftsstrukturen. Soll heißen: Die Frau rückt ins zweite Glied, das öffentliche Bild auf den Straßen dominieren die Männer. Das heißt allerdings nicht, dass durchweg alle Frauen mit schwarzem Chador durch die Gegend laufen müssen. Das kommt zwar vor, aber viele Frauen dürfen sich auch völlig ohne Kopftuch und mit offenen Haaren sowie in modernen Klamotten zeigen. Das hängt von der Kulanz ihrer Ehemänner ab, wie ich mir hab' sagen lassen. Allerdings, ob mit oder ohne Kopftuch, sie müssen durchweg langärmelige Oberteile und Hosen bzw. lange Röcke tragen, zu viel Haut ist denn doch zu viel des Guten für die frommen Jungs hier... Ansonsten meine ich mit "traditionell" nicht, dass sich die jüngeren Leute hier etwa anders kleiden würden oder sich großartig anders geben als ihre Altersgenossen bei uns, aber auch sie können sich den traditionellen Strukturen nicht völlig entziehen, solange sie auf dem Dorf leben.

Das Radfahren verläuft jedenfalls relativ problemlos. Die Etappe ist flach, das Wetter angenehm und Verpflegung ist überall in kleinen Lebensmittelläden oder den „Lokantasis“, d.h. In Restaurants und Imbissen, verfügbar. Beim Übernachten ist man freilich auf die Gastfreundschaft der Bevölkerung angewiesen, denn Hotels oder ähnliches gibt es auf diesem Teilstück nicht. Wildzelten ist schwierig, da das Land sehr weit und flach ist, so dass kaum Sichtschutz für das Zelt besteht. Wenn ich es versuchen würde, würde mich eine der zahlreichen Militärpatrouillen schnell entdecken und verjagen. Einmal durfte ich mein Zelt auf dem Rasen eines Restaurants aufschlagen. Beim einem anderen Male wurde ich, wie schon so oft in dieser gastfreundlichen Gegend, zum Übernachten bei Leuten eingeladen. Das war in einem Jesidendorf. Diese Begegnung war sicherlich eine der interessantesten meiner bisherigen Reise.

Bei den Jesiden handelt es sich um eine sehr kleine, religiöse Minderheit, die hauptsächlich im Nordirak anzutreffen ist. Ihr Glaube wurzelt (wenn ich das richtig verstanden habe), wie auch die anderen drei großen monotheistischen Religionen, in der Schöpfungsgeschichte mit Adam und Eva, schlug aber einen anderen Weg ein. Die Jesiden im arabischen Irak haben es besonders schwer mit den Al-Kaida-Terroristen; vor einigen Jahren mussten die Jesiden den weltweit größten islamistischen Terroranschlag seit dem 11. September 2001 erleiden, mit über 800 Toten (wovon man im Westen freilich eher wenig Notiz nahm). Dementsprechend haben viele von ihnen nicht zuletzt in Deutschland Asyl gefunden. In der relativen Sicherheit des kurdischen Iraks aber können sie weitgehend unbehelligt leben. Jedenfals durfte auch ich eine Nacht bei ihnen verbringen. Zustande gekommen war das, als ich einen Verkehrspolizisten nach dem nächsten Hotel fragte. Dieser Polizist war Jeside und lud mich in sein Dorf zum Übernachten ein. Von seiner Familie wurde ich fürstlich bewirtet und hatte ein angenehmes Nachtlager. Tags darauf fuhren sie mich sogar zu ihrem Heiligtum in den Bergen, eine große Kultstätte namens Lalisch.

Nach drei Tagen in den ländlichen Gebieten erreichte ich schließlich die glitzernde Millionenmetropole Arbil.

 

 

English

On the three day etap from Dohuk to Arbil, I once again encountered vast, semi-desert and rural areas. People lead a rather traditional islamic lifestyle, although not all women wear headscarfes. Granted, young people do not act overly different than their Western counterparts, although they have to adhere to the local rules at least to a certain extent, as long as they live in the villages.

Cycling was generally easy, since food supply was available anywhere, whereas the roads were decent and mostly flat. However, there was a lot of traffic on the main roads and the cars were driving very fast. Accomodation was hard to find, since no hotels are available. Wild camping is difficult since the area is wide and flat, so that military patrols would easily detect tents in the field and prohibit camping. Luckily, the hospitable people are happy to host foreign cyclers. On one occasion, I happened to stay at a Yezidi family. The Yezidis are a religious minority with a very special belief. In the arabic Iraq, they often suffer from Al Kaida terror. The Yezidi family hosted me wonderfully and even showed me around their holy gemple, called Lalish.

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