Indien IV: Goa-Hampi - 2.-6. Januar 2014

 Nach Goa verließen wir die Küste und machten uns auf den Weg Richtung Osten nach Hampi. Dazu mussten wir zunächst die Gebirgskette der Western Ghats überqueren. Den Anstieg erwischten wir „natürlich“ ausgerechnet zur heißesten Tageszeit, am frühen Nachmittag. Aber die tolle Natur entschädigte uns dafür. Wegen der Höhenlage mutet die Vegetation mit ihren Laubwäldern überraschend mitteleuropäisch an. Weniger europäisch war freilich die Fauna, die hier hauptsächlich in Form von Äffchen herumhüpft. Die kleinen Affen sind in Indien sowas wie die Kaninchen bei uns in Mitteleuropa und überall zu finden.

 

Als wir die Western Ghats auf der anderen Seite wieder herunterrollten, hatte sich die Vegetation völlig verändert. Während westlich des Gebirges üppige Tropenwälder wuchern, geht es im östlichen Landesinneren viel karger zu. Es gibt also kaum Schatten oder Wind, die Schutz vor der Hitze gespendet hätten.

 

Auch die Armut ist in dieser Gegend scheinbar größer als an der Küste, denn die Bettelei nahm zu. Scheinbar besteht halb Indien aus Münzsammlern, denn ständig wurden wir um "Coins", also Münzen, aus unseren Ländern gebeten. Wahlweise auch um Kugelschreiber, Schokolade (von Kindern) oder auch ganz schnöde um Money.

 

Wegen der Hitze und da es kaum Schatten gab, mussten wir unsere Pausen an den schattigen Unterständen in den Dörfern abhalten. Und bekamen dabei die volle Ladung Indien zu spüren: Überall wo wir hinkamen, wurden wir bestaunt wie Außerirdische. Unsere Fahrräder starrten die Leute entsprechend an wie Raumschiffe und sie wollten immer den Preis des Fahrrades wissen (Meine Standard-Antwort: "I don't know, it was a present.") Das hatten wir zwar schon seit dem Balkan so erlebt. Aber bis Indien ist die Aufmerksamkeit kontinuierlich penetranter geworden. Besonders toll fanden die Herrschaften die Fahrradklingel und die Gangschaltung. Zum Glück habe ich keine Klingel am Fahrrad, sonst hätten sie unentwegt damit herumgespielt, wie bei Tomas. Wobei, dann hätten sie wenigstens die Finger von meiner empfindlichen Gangschaltung gelassen... Auf jeden Fall geht den Indern in diesen ländlichen Gegenden jeglicher Sinn für Privatsphäre und Eigentum ab. Wie gesagt, das hatte ich auch schon vorher, vor allem im Mittleren Osten erlebt. Aber die Inder legen da noch mal eine Schüppe drauf. Man kann direkt beim Fahrrad stehen, aber sie spielen ungefragt mit dem Fahrrad herum. Und sie sind Weltmeister im Glotzen. Wenn wir mal eine Panne reparieren mussten, sieht das Verhaltensmuster des vorbeilaufenden Inders so aus: Sich langsam nähern, Stirnrunzeln, und schließlich dicht herantreten und glotzen. Das alles in völligem Schweigen.

Und natürlich fragt uns jeder "What's your name?" oder "Where are you from?". Auf Dauer nervt es irgendwie, ständig seine Identität preiszugeben. Mir dämmert mittlerweile, was Berühmtsein und der Verlust von Privatsphäre bedeuten können. Wir aber machten uns aus all diesen Nachfragen einen Spaß draus und gaben andere Identitäten an. Ich zum Beispiel stellte mich als "Alex from Holland" vor, natürlich mit holländischem Akzent, lobte aber trotzdem dabei die deutsche Fußballnationalmannschaft über den Klee ;--)

Na ja, tut nicht weh, und ich sage das alles größtenteils wertfrei. Andere Länder, andere Sitten...

 

Nach etlichen surreal anmutenden Erlebnissen dieser Art erreichten wir schließlich die Tempelruinen von Hampi, die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen.

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