Indien VII: Mysore-Bangalore - 18.-20. Januar 2014

Seitdem ich Bombay passiert hatte, war für mich klar gewesen, dass nun Bangalore das endgültige Ziel meiner Tour darstellen sollte. Aus „Berlin-Bombay-by-bike“ war damit „Berlin-Bangalore-by-bike“ geworden. So blieb's bei den 4 "B"'s (sehr wichtig für die mediale Inszenierung! ;-)). Für mich war es dabei wichtig, dann auch tatsächlich mit dem Fahrrad in Bangalore anzukommen und nicht etwa mit dem Bus. Nur so konnte ich die Tour angemessen abrunden und mich innerlich von ihr verabschieden. Von der Küstenstadt Mangalore aus hatte ich zwar den Bus nach Mysore nehmen müssen, da ich nicht die Zeit hatte, die Strecke nach Bangalore komplett mit dem Rad zu bewältigen. Allerdings hatte ich diese Distanz von der Küste bis ins Landesinnere quasi schon weiter nördlich erledigt, als ich von Goa nach Hampi geradelt war. Und von Mysore sind es ja noch 140 km bis nach Bangalore. Insofern sollte ich also rehabilitiert sein. ;-)

 

Am Vormittag nutzte ich die Gelegenheit, den berühmten Maharadscha-Palast in Mysore zu besichtigen. Auf dem Weg dorthin musste ich reihenweise Rikscha-Fahrer abschütteln, die auf Abzocke aus waren und mir Marihuana andrehen wollten. Wie auch immer, der Palast hatte es echt in sich: Errichtet gegen Ende des 19. Jahrhunderts, wartet der Bau mit einer verschwenderischen Pracht auf, die ich mit dem Schloss Versailles in Paris vergleichen würde. Vor lauter Staunen blieb ich länger als geplant auf dem Palastgelände hängen, so dass ich erst am Nachmittag um halb 3 herum ich wieder auf dem Sattel saß.

 

Die finale Etappe meiner Tour stand an, die letzten 140 km, von Mysore nach Bangalore. Ich wählte dazu den Highway. Der ist zwar stark befahren, aber dafür meistens flach, gut ausgebaut und somit leicht und schnell zu bewältigen. Das war jetzt wichtig, denn allzu viel Zeit hatte ich nicht mehr, um nach Bangalore gelangen, da mein Flug nach Deutschland schon in einigen Tagen anstand. Aber ich bereute es nicht, denn obwohl es ein Highway war, gab es viel Leben und Interessantes zu sehen: Palmen und andere tropische Gewächse säumten die Straße. In den Städten herrschte das typische indische Gewimmel aus Menschenmassen, Markständen, Rikschas und Verkehrsgewühl. Die Menschen grüßten mich herzlich und erkundigten sich nach mir und dem Hintergrund meiner Reise, ohne dabei aufdringlich zu sein. Einmal lud mich sogar ein junger Motorradfahrer zu einer Kokosnussmilch ein. Drollig wirkte die kindliche Begeisterung erwachsener Männer, wenn sie mir zuwinkten und „Hi!“ zuriefen und nicht eher Ruhe gaben, bis ich mich ihnen zugewandt und zurückgewunken habe (manchmal sehe ich nicht sofort vom Fahrrad aus, woher die Rufe kommen). Bemerkenswert war auch, wie sich die religiöse Vielfalt und Toleranz Indiens entlang dieser „Mysore-Bangalore-Road“ beobachten ließ, denn neben all den Hindu-Tempeln sah ich auch Kirchen und Moscheen.

 

Am Morgen des 20. Januar 2014, in einem günstigen Hotel zwischen Mysore und Bangalore: Früh wache ich auf. Ich bin ein bisschen nervös, denn es wird der letzte Tag meiner Fahrradreise sein. Es steht noch ein ordentliches Stückchen Arbeit bis Bangalore an, nämlich über 100 km auf dem Highway. Obendrein ist heute auch noch mein Namenstag. Normalerweise spielt das für mich keine allzu große Rolle, aber in Verbindung mit dem letzten Tag meiner Tour verleiht mein Namenstag dieser Situation irgendwie eine höhere, schicksalhafte Bedeutung. Die Fahrt verläuft indes problemlos. Die Trucks lassen mich am Leben und rammen mich auch nicht mal in ein indisches Krankenhaus. Stattdessen genieße ich ein letztes Mal die oben beschriebenen Eindrücke und die schlichte herrliche Freiheit des Radreisens. Jederzeit kann ich irgendwo anhalten und ein Päuschen machen, einen Schluck Wasser trinken, einen Plausch mit Einheimischen halten, Fotos schießen oder einfach mal anhalten und mich umschauen. Ganz so wie es mir gefällt.

 

Und dann ist er da, der Moment: Gegen 17 Uhr und nach ziemlich genau 100 km trohnt über dem Highway das große grüne Eingangsschild mit der Aufschrift: „Welcome to Garden City – BANGALORE“. Ich hab's geschafft! Nach über 7200 Fahrradkilometern durch 13 Länder über mehr als fünf Monate hinweg habe ich mein Ziel Bangalore erreicht. Ich steige ab von meinem treuen Drahtesel, der mich die ganze Zeit lang zuverlässig über Stock und Stein getragen hat. Still lächele ich in mich in hinein und genieße den Augenblick. Eine tiefe Freude macht sich in mir breit, über all die unzähligen magischen Momente, die ich auf dieser Reise erleben durfte. Ich betrachte diese Tour als ein Geschenk. Denn während ich die Reise meines Lebens unternehmen konnte, traf ich gleichzeitig viele Menschen, die aus finanziellen oder politischen Gründen nicht die Möglichkeit haben, und vielleicht auch niemals haben werden, solche Freiheiten zu genießen. Ein bisschen Wehmut macht sich bei mir darüber breit, dass dieses freie und abenteuerliche Leben bald zu Ende sein wird. Aber vielmehr freue ich mich darauf, wieder nach Hause zukommen und meine Lieben im heimischen Deutschland wiederzusehen. Und ein bisschen Zeit werde ich ja vorerst noch in Indien verbringen.

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Kommentare: 3
  • #1

    Patrick (Donnerstag, 23 Januar 2014 10:29)

    Fabian, es hat echt Spaß gemacht den Blog zu lesen! Irgendwie schade, dass es "schon" vorbei ist...
    Ich wünsche dir eine angenehme Heimreise heute Abend!

  • #2

    Fabian (Samstag, 25 Januar 2014 13:16)

    Hey Patrick, Danke, das freut mich zu hören! Die Heimreise war relativ problemlos und das Ankommen bei den Lieben zu Hause natürlich grandios! :-) Mach's gut!

  • #3

    Katja T (Donnerstag, 06 Februar 2014 22:27)

    Hi Fabian, was fuer tolle Reiseberichte! Herzlichen Glueckwunsch zur Tour! Geniesse die Zeit auch wieder zu Hause. Hoffentlich bis bald mal in Duesseldorf. LG Katja